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Motion zur “Koalition der Willigen” in der Herbstsession des Bundesrats

14. September 2021
News

Die Herbstsession findet wieder seit gestern, dem 13. September, im Bundeshaus statt. Heute ist es sehr wahrscheinlich, dass die Motion 19.4034 “Humanitäre Notlage im Mittelmeer. Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der “Koalition der Willigen” beteiligen”, zwei Jahre nach der Einreichung materiell behandelt wird. Mehrere Abgeordnete haben die Liste traktandiert.

Durch die Motion wird der Bundesrat aufgefordert Solidarität mit europäischen Grenzstaaten und den Staaten der “Koalition der Willigen” zu zeigen, indem sich die Schweiz am “Solidaritätsmechanismus zur Verteilung der im Mittelmeer geretteten Menschen beteiligt”1.

Es werden zwei Möglichkeiten dafür vorgeschlagen:

  1. Die Aufnahme eines Mindestanteils (2 Prozent) der Überlebenden an Bord jedes NGO-Schiffes, damit der Solidaritätsmechanismus vorhersehbar ist und lange Wartezeiten vermieden werden, die das Leiden der Überlebenden verlängern.
  2. Die Unterstützung der Küstenstaaten, insbesondere Italien, Malta und Spanien – welche derzeit die Hauptverantwortung für die Aufnahme von Menschen tragen -, durch die Aufnahme von mehreren hundert Menschen, was die Aufnahmezentren dieser Staaten entlasten würde.

Auch wenn der Fokus in den letzen Wochen auf einer grossen Solidarität mit Afghan*innen lag, bleibt das Mittelmeer ein zentraler Ort wo europäische Abschreckung ungehindert stattfindet. Rettungsschiffe warten immer noch mehrere Tage auf die Zuweisung eines sicheren Hafens, während die Menschen an Bord so schnell wie möglich an Land und in Sicherheit müssten2. Der Bundesrat beteiligt sich darüber hinaus finanziell an Frontex Einsätzen der libyschen Küstenwache, die Schiffbrüchige in Gefangenenlager zurückführt, in denen Misshandlungen und weitere Menschenrechtsverletzungen weit verbreitet sind3.

Den Bund scheinen diese Punkte jedoch nicht zu bewegen. Er sieht keinen Handlungsbedarf in der eigenen Politik und empfiehlt die Motion abzulehnen. Die Seebrücke ist jedoch der Meinung, dass es nicht reicht allein die Mitgliedsstaaten an den EU Aussengrenzen finanziell zu unterstützen. Die Schweiz muss aktiv handeln und sich solidarisch zeigen mit Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen internationalen Schutz bedürfen und auch ein Recht darauf haben.

Der Bundesrat kann nicht länger unbemerkt eine rassistische Migrationspolitik fortsetzen, während Bürgerinnen und Bürger eine offene Willkommenskultur anstreben.

Am 21. September 2021 wurde die Motion im Nationalrat abgelehnt.

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1 https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20194037

2 https://twitter.com/MSF_Sea/status/1429550099655544834?s=19

3 https://www.parlament.ch/centers/eparl/sessions/2021%20III/Tagesordnung%20EJPD%20N%20D.pdf S.9
https://www.tagesschau.de/investigativ/monitor/fluechtlinge-libyen-lager-101.html

Le Courrier 22.09.2021