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Kampagne zur Aktion «Beim Namen nennen» in St. Gallen

6. June 2021
News

Die politische Landkarte, auf der wir das Engagement Schweizer Städte zu einer solidarischen Migrationspolitik darstellen, erweitert sich wöchentlich. Uns erreichen immer wieder neue Vorstösse von aktiven Gruppen in der ganzen Schweiz. Auch von der Kampagne «500 Menschen für die Gemeinden im Aargau» bekommen wir immer wieder Neuigkeiten. Dies stellt eine starke zivilgesellschaftliche Stimme dar, die eine humane Migrationspolitik in der Schweiz fordert.

Ein Mahnmal der europäischen und Schweizer Abschottungspolitik ist das Mittelmeer. Dort sind seit 1993 mehr als 44’000 Menschen beim Versuch, nach Europa zu flüchten, gestorben. Die meisten sind ertrunken. In St. Gallen wurden heute im Rahmen der Aktion «Beim Namen nennen» die Namen und Geschichten der Verstorbenen vorgelesen. Die Namen wurden zudem auf Stoffstreifen geschrieben und an die Aussenfassade der Kirche St. Laurenzen gehängt.

Die SEEBRÜCKE Schweiz hat die heutige Aktion in St. Gallen zum Anlass genommen, 73 Gemeinden im Kanton anzuschreiben. Dies entspricht allen politischen Gemeinden in St. Gallen, die sich noch nicht öffentlich positioniert haben. Die Gemeinden Buchs, Sevelen, Wil und die Stadt St. Gallen haben bereits ein politisches Zeichen gegen die menschenunwürdige Asylpolitik gesetzt.

Das heutige Schreiben wurde an die jeweilige Gemeindeverwaltung adressiert und fordert diese auf, sich in einem ersten Schritt solidarisch mit Menschen auf der Flucht zu erklären. Dieser öffentlichen Solidaritätsbekundung können weitere konkrete Handlungsschritte folgen, wie die Adressierung der konkreten Forderung nach einer zusätzlichen Aufnahme von geflüchteten Menschen an den Bund.

Mit dem Ziel, durch die Gemeinden den Druck von unten auf den Bund und Bundesrätin Karin Keller-Sutter zu erhöhen, hat die SEEBRÜCKE Schweiz folgenden Brief verschickt:

“Am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag. In der Stadt St. Gallen organisieren zahlreiche Organisationen, darunter die katholischen und reformierten Kirchen, den Aktionstag “Beim Namen nennen”. Seit 1993 sind über 40’000 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer verstorben. Die Namen und Geschichten dieser Menschen werden heute während 24 Stunden in der Kirche St. Laurenzen vorgelesen. Wir möchten diesem Gedenken politisches Handeln folgen lassen.

Jeden Tag sterben Menschen im Mittelmeer, gleichzeitig werden NGOs bei der Seenotrettung behindert und müssen teilweise wochenlang mit geflüchteten Menschen an Bord vor den Küsten Europas warten. Die Schweiz verfügt über die nötige Erfahrung und Infrastruktur, um vulnerable Personen aufzunehmen und deren Asylantrag zu prüfen. Um das weitere Sterben tausender Menschen zu verhindern, ist ein schnelles Handeln unabdingbar. 

Die SEEBRÜCKE setzt sich dafür ein, dass Menschen, die fliehen mussten, einen Ort zum Ankommen finden – einen Sicheren Hafen. Das könnte Ihre Gemeinde werden. Aus unserer Sicht sollten die Städte stärker Einfluss auf migrationspolitische Fragen nehmen und sich klar positionieren. Erklären Sie sich solidarisch mit Menschen auf der Flucht? Das ist ein wertvolles politisches Zeichen, auf das konkrete solidarische Handlungen folgen können.

Wir fordern Ihre Gemeinde auf, sich zum Sicheren Hafen zu erklären. 

 Zu einem Sicheren Hafen gehört, dass die Gemeinde: 

Öffentliche Solidaritätserklärung 
1. sich mit Menschen auf der Flucht und den Zielen der SEEBRÜCKE solidarisch erklärt.   

Aktive Unterstützung der Seenotrettung 
2. sich öffentlich gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung auf dem Mittelmeer positioniert und diese aktiv unterstützt sowie die Patenschaft und finanzielle Unterstützung für ein ziviles Seenotrettungsschiff übernimmt bzw. sich daran beteiligt. 

Aufnahme zusätzlich zur Quote
3. die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen und Menschen aus den griechischen Lagern zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden sicherstellt. Konkret erklärt sich die Gemeinde bereit, eine selbst gewählte, verbindliche Anzahl an geflüchteten Menschen, beispielsweise von einem zivilen Seenotrettungsboot oder aus einem griechischen Lager, ähnlich eines Relocation-Programms, direkt aufzunehmen und unterzubringen. Diese Aufnahme geschieht zusätzlich zur Verteilungsquote Asylsuchender. Hierzu wird ein Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Departement des Innern und dem Amt für Migration hergestellt.

Aufnahmeprogramme unterstützen 
4. sich gegenüber dem Bund für die Einrichtung neuer bzw. die deutliche Ausweitung bestehender Programme zur legalen Aufnahme von Flüchtenden einsetzt und dazu selbst zusätzliche Aufnahmeplätze anbietet.

Kommunales Ankommen gewährleisten
5. für ein langfristiges Ankommen sorgt, indem alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung, zur Verfügung gestellt werden.  

Nationale und europäische Vernetzung 
6. sich auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv für die Umsetzung der oben genannten Punkte einsetzt.  

Bündnis Sichere Häfen 
7. sich für ein Bündnis aller Sicheren Häfen in Europa zur aktiven Gestaltung einer menschenrechtskonformen europäischen Migrationspolitik einsetzt. 

Transparenz 
8. alle unternommenen Handlungen zeitnah und fortlaufend veröffentlicht, mit denen die Gemeindzu einem Sicheren Hafen wird. 

Der Weg zu einem Sicheren Hafen ist für uns ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum erstrecken kann. Der entscheidende erste Schritt ist die öffentliche Solidaritätsbekundung. Ihre Gemeinde setzt damit ein wichtiges politisches Zeichen. Sie macht damit auf die humanitäre Notlage aufmerksam, von der nicht länger die Augen verschlossen werden können.

Bitte traktandieren Sie diesen Antrag an der nächsten Gemeinderatssitzung und teilen Sie uns mit, ob Sie unserem Begehren zustimmen. Wir zählen auf die Solidarität unserer Exekutive und freuen uns auf den Bescheid. Natürlich stehen wir Ihnen gerne auch für ein Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
Seebrücke Schweiz”