Die Stadt Bern stellt 70’000 Franken für die zivile Seenotrettung im Mittelmeer zur Verfügung. Dieser Entscheid, der im kürzlich verabschiedeten Budget der Stadt verankert ist, zeigt einmal mehr die Dringlichkeit des Themas – und das Versagen der Staaten in ihrer Verantwortung, Menschenleben zu retten.
Mehrere Tage trieb ein Mädchen aus Sierra Leone nach dem Sinken eines Bootes als einzige Überlebende im zentralen Mittelmeer, bis eine Hilfsorganisation sie retten konnte. Nur noch selten erreichen uns Nachrichten wie diese zu den tödlichen Ereignissen an den europäischen Aussengrenzen.
Dabei sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) seit Jahresbeginn 1.993 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer ums Leben gekommen oder gelten als vermisst. Lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten nach in Seenot geratenen Booten Ausschau.
Mit der erneuten Budgetierung der Seenotrettung bekräftigt die Stadt Bern ihr Engagement als «Sicherer Hafen». Die Spende an Sea Eye ermöglicht es der Organisation, weiterhin Menschen aus lebensbedrohlichen Situationen im Mittelmeer zu retten. Weitere Städte sollten diesem Beispiel folgen, fordert die Seebrücke Schweiz.
David Böhner, Stadtrat der Alternativen Linken, sieht die Schweiz in der Verantwortung: «Die Schweiz ist Teil von Schengen und damit Teil der Festung Europa. Anstatt legale Fluchtwege bereit zu stellen, werden Zäune gebaut. Die Stadt Bern appelliert mit der Spende an andere Gemeinden und den Bund, dass es Solidarität braucht und nicht Abschreckung.»
Grundsätzlich sei es ein Skandal, dass zivile Organisationen die Rettung von Geflüchteten übernehmen müssen, sagt Hannah Elias von der Sea Eye Gruppe Bern. „Es ist die Aufgabe der Staaten, Menschenleben zu retten. Stattdessen müssen zivilgesellschaftliche Organisationen wie Sea Eye im Mittelmeer tätig werden, und das auf eigene Kosten.»
Stadtrat Böhner ergänzt: «Die Spende an die Seenotrettung ist ein Zeichen, dass viele in Bern die Augen nicht verschliessen und anerkennen, dass weltweit Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen werden. Die Stadt Bern sendet damit ein menschliches Signal der Solidarität.»
Dennoch: «Humanitäre Hilfe durch die Zivilgesellschaft ist nur eine Notlösung», sagt Anne Noack von der Seebrücke Schweiz. «Es ist an der Zeit, dass der Staat endlich seine Verantwortung wahrnimmt.»