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Sichere Zugangswege in die Schweiz – SEM beschönigt Chancen für Resettlement

25. October 2022
News

Eine vom Staatssekretariat für Migration (SEM) in Auftrag gegebene Studie betreffend zusätzlicher Möglichkeiten für schutzsuchende Menschen in der Schweiz Asyl zu beantragen, stellt fest, dass bereits alle üblichen Instrumente in Bezug auf Resettlement zufriedenstellend umgesetzt werden. Doch die Realität sieht anders aus. Das in den Berichten gezeichnete Bild zeugt von Schönmalerei und Ignoranz gegenüber bereits bestehenden solidarischen Initiativen.

Über die letzten Jahre haben Kirchen, Parteien und Organisationen den Bund mehrmals zu einer zusätzlichen Aufnahme von Menschen in Migrationsbewegungen aufgefordert. Im Parlament wurde versucht, das Botschaftsasyl wieder einzuführen oder Städten mehr Handlungsfähigkeit bei der Aufnahme zu geben – bisher ohne Erfolg. Daraufhin wurde Druck auf den Bundesrat ausgeübt, um wenigstens die Resettlementquoten zu erhöhen. Folglich gab der Bundesrat die bereits erwähnte Studie in Auftrag, deren Resultat ihn nun an seiner rassistischen Argumentation festhalten lässt. Die Möglichkeiten der Humanitären Visa und der Familienzusammenführung seien bereits ausreichend, um schutzsuchenden Menschen einen sicheren Weg aus Drittstaaten in die Schweiz zu ermöglichen.

In der Pressemitteilung des SEM ist zu lesen, dass die Schweiz, als eines der einzigen Länder Europas, einen Zugang zu Humanitären Visa überall auf der Welt ermöglicht. Doch die dabei existierenden Hürden werden nicht thematisiert. Ausgelassen wird zum Beispiel, dass es längst nicht in jedem Land eine Vertretung der offiziellen Schweiz gibt. Um überhaupt die Möglichkeit zu haben, ein humanitäres Visum zu beantragen, müssen Menschen aus Afghanistan entweder nach Islamabad oder Teheran reisen. Neben einem finanziellen Aufwand, riskieren Menschen dabei auch ihr Leben, da die Taliban und andere bewaffnete Gruppierungen Strassen und Grenzen überwachen. Wenn der Weg geschafft ist, gibt es trotzdem keine Garantie für ein Visum. Oft verweisen Angestellte der Botschaften lediglich auf die Zuständigkeiten des SEM oder lassen Antragsstellende mehrere Monate auf einen Entscheid warten.

Nebst der Möglichkeit der Humanitären Visa – wovon 2021 gerade einmal 94 ausgestellt wurden – gibt es noch vier weitere Zugangswege zu Resettlementplätzen. Doch diese bieten noch weniger Menschen eine tatsächliche Perspektive auf ein menschenwürdiges Ankommen in der Schweiz. Nur ein kleiner Teil der Menschen kann überhaupt den Kriterien für einen anerkannten Status gerecht werden und hätte damit eine reale Chance, ein Gesuch auf Familiennachzug, Ausbildungs- oder Arbeitsvisum zu stellen. Welche Erfolgsaussichten das noch erwähnte «Community Sponsorship Programme» bietet, lässt allein ein hypothetisches Fallbeispiel im Bericht erahnen.

Fest steht, dass die offizielle Schweiz seit Jahren Initiativen und konkrete Lösungsvorschläge aus der Zivilgesellschaft und von solidarischen Städten und Gemeinden ignoriert und blockiert. Bereits existenten solidarischen Willkommensstrukturen von Städten und Gemeinden, schenkt der Bund keine Aufmerksamkeit. Forderungen jene anzuerkennen und ihnen eine rechtliche Grundlage zu bieten, finden kein Gehör. Stattdessen steigt die Quote verweigerter Visa seit Ende 2018 von 88 auf 94 Prozent im Jahr 2021. Statt scheinheiliger Studien, braucht es sichere Migrationsrouten und ein Recht auf Ankommen für alle Menschen. 

Weitere Infos:
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-90638.html
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/sichere-zugangswege-fuer-schutzsuchende-ausbauen
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/standpunkt/sichere-zugangswege-zu-schutz-in-der-schweiz-wo-ein-politischer-wille-ist-findet-sich-ein-rechtlicher-weg