Noch immer leben etwa 7’000 Menschen im neuen Camp auf Lesbos. In nicht-winterfesten und ungeheizten Zelten, direkt am Meer, dem Wetter ausgesetzt. Die Bedingungen haben sich gegenüber dem im September abgebrannten Camp Moria weiter verschlechtert. Die Situation ist für die dort untergebrachten Menschen eine unzumutbare körperliche und psychische Belastung.
Mit der Kampagne «500 Menschen für die Gemeinden im Aargau» setzt sich der Verein Netzwerk Asyl Aargau dafür ein, dass Gemeinden und Städte ihr Aufnahmekontingent für Menschen freiwillig erhöhen. Sie können so im und mit dem Kanton die notwendigen Kapazitäten dazu schaffen, dass die Regierung beim Bund den «freien Platz» für die Aufnahme von Menschen aus den prekären Lagern anmeldet. Zahlreiche Gemeinden haben bereits positive Rückmeldungen gegeben.
Aarau, Baden, Brugg, Laufenburg, Lenzburg und Windisch äusserten gegenüber dem Bund ihre Bereitschaft, Menschen aus Moria aus humanitären Gründen in ihren Gemeinden willkommen zu heissen. Sie sind bereit, mit Bund und Kanton ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Lösungen für eine zukünftige kommunale Aufnahme anzugehen.
Trotz der grossen Zahl an positiven Rückmeldungen auf die Anfrage des Vereins Netzwerk Asyl Aargau stehen manche Gemeinden der Kampagne noch mit Vorbehalt gegenüber. Zu ihnen gehören unter anderem Wohlen, Ennetbaden und Wettingen. Zwar erkennen auch sie die Notsituation der Menschen in den griechischen Lagern an, lehnen die Anfrage jedoch aus einer Reihe unterschiedlicher administrativer Bedenken ab.
Zuständigkeit von Bund und Kanton
Ein Grund für den Vorbehalt sind die deutlich getrennten Zuständigkeitskompetenzen von Bund und Gemeinden. Um diese Befugnisse nicht zu überschreiten, wollen die Gemeinden davon absehen, kommunalen Druck auf den Bund auszuüben. Trotzdem wird teilweise ausdrücklich ergänzt, dass man aufnahmebereit wäre und auch Unterbringungskapazitäten hätte, diese aber erst zur Verfügung stelle, wenn eine entsprechende Forderung des Kantons vorliegen würde.
Finanzielle Belastung
Hinzu kommt, dass für viele Gemeinden immer noch unklar bleibt, wie hoch die Kosten für die Betreuung weiterer Personen sind. Hier werden sehr unterschiedliche Beträge angegeben, die aufzubringen wären. Auch auf den Verfahrensweg wird verwiesen: Gemeinden könnten keine Aufnahme zusagen, ohne dass das Budget dafür an anderer Stelle offiziell genehmigt würde.
Erfüllung der Aufgaben
Viele Gemeinden geben an, bereits deutlich mehr geflüchtete Menschen zu betreuen, als sie nach kantonalem Schlüssel müssten. Auch dieser Aspekt zeigt, dass sie bereit sind, Verantwortung im Schweizer Asylsystem zu übernehmen, dies aber auch von den anderen Gemeinden erwarten.
Unterbringungsmöglichkeiten
Teilweise werden fehlende Unterbringungsmöglichkeiten als Ablehnungsgrund genannt. Dieser Aspekt ist in vielen Gemeinden oftmals nur eine Momentaufnahme. Gerade der veränderte Platzbedarf in der Coronapandemie hat gezeigt, dass es vielerorts kurzfristig möglich ist, weitere Liegenschaften zur Unterbringung bereit zu stellen.
Ob diese Gründe vorgeschoben oder tatsächlich ausschlaggebend für die Entscheidung waren, würden wir von der SEEBRÜCKE Schweiz gern erfahren und fordern deshalb den Bund auf, den Weg für die kommunale Aufnahme von Menschen auf der Flucht nicht länger zu blockieren.
Die Kampagne ist noch nicht beendet. In zwölf Gemeinden steht eine Antwort auf die Anfrage des Netzwerks Asyl Aargau noch aus. Um den Druck von unten zusammen mit den solidarischen Gemeinden weiter aufzubauen, ist jede Unterstützung der Kampagne gern gesehen. Ob durch Medien, Aktionen oder Briefe, seid kreativ!
Alle Anträge der Kampagne “500 Menschen für die Gemeinden im Aargau”.