“Ein Wasserhahn für 1.000 Menschen” oder “1 WC für 200 Personen” steht auf den Schildern, mit welchen heute Aktivist*innen der JUSO und der SEEBRÜCKE Schweiz die Parlamentarier*innen vor der Kantonsratssession begrüssten. Sie möchten damit auf die Situation in den griechischen Lagern aufmerksam machen. Mit der Annahme der Standesinitiative von Sara Muff erhält der Kanton Luzern heute die Möglichkeit, sich fair, menschlich und solidarisch zu zeigen.
Im Forderungstext heisst es: “Wir ersuchen den Regierungsrat, folgende Forderungen in Form einer Standesinitiative an die Bundesbehörden zu tragen: 1) Menschen auf den griechischen Inseln oder in Gebieten mit ähnlichen humanitären Krisen soll in der Schweiz Schutz geboten werden, damit ihnen hier ein ordentliches Asylverfahren gewährleistet werden kann. Die Kapazitäten der Bundesasylzentren sowie der kantonalen Asylzentren sind vollständig auszulasten. 2) Andere Staaten in Europa sollen aufgefordert werden, dies auch zu tun.”
Seit der Einreichung des Vorstosses im März hat sich die Situation in den griechischen Lagern keinesfalls verbessert. Noch immer sind mehrere zehntausend Geflüchtete aus Kriegs- und Konfliktgebieten dort gestrandet, ohne dass sie Schutz erhalten würden. Die medizinische Versorgung ist nicht gewährleistet und selbst das Recht auf ein Asylgesuch wurde zeitweise ausgesetzt. Die Arbeit von Unterstützer*innen vor Ort wird durch neue Regelungen der griechischen Regierung erschwert.
79.5 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht. Diese Zahl veröffentlichte das UNHCR anlässlich des Weltflüchtlingstages am vergangenen Samstag. Sie fliehen vor Gewalt, Diskriminierung, Menschenrechtsverletzungen und Konflikten. Die Zahl hat sich seit 2010 verdoppelt und stieg allein im vergangenen Jahr um 9 Millionen. Gleichzeitig können immer weniger Menschen zurückkehren. Waren es in den 1990er-Jahren noch 1.5 Millionen Menschen pro Jahr, können in den vergangen zehn Jahren nur noch rund 390.000 Geflüchtete pro Jahr in ihren Herkunftsort zurückkehren. Dadurch erhöht sich die Gesamtzahl der Menschen auf der Flucht und ohne ein absehbares Ende ihrer Notlage.
Während immer mehr Menschen fliehen müssen, nimmt Europa immer weniger Menschen auf. Dabei sind 46 Millionen Geflüchtete Binnenvertriebene, die in eine andere Region ihres Herkunftslandes gehen. Wer das Land verlässt, bleibt meist in den armen Nachbarländern. Nach Europa kommen nur etwa 10 Prozent der Menschen. Trotzdem scheitern aus politischen Gründen Initiativen, Menschen beispielsweise aus überfüllten Lagern in Griechenland aufzunehmen, einem Land, in dem im Verhältnis zur Bevölkerung deutlich mehr Menschen Zuflucht gefunden haben als etwa in Deutschland. Die bisherigen Bemühungen der Schweiz, die die Aufnahme 23 unbegleiteter Minderjähriger ermöglichte, ist kaum erwähnenswert. Damit tat die Schweiz nicht weniger und nicht mehr als das, wozu sie durch internationale Abkommen verpflichtet ist. Denn laut Dublin-Verordnung müssen Minderjährige mit familiären Bezug zur Schweiz aufgenommen werden.
Sara Muff ist mit ihren Forderungen übrigens nicht allein. Über 30 politische Vorstöße in der ganzen Schweiz fordern in den vergangenen Jahren die rasche und unkomplizierte Aufnahme von Menschen auf der Flucht..Auf der interaktiven Karte der frisch lancierten Homepage seebrücke.ch ist es möglich, Forderungen, Berichterstattungen, den Verlauf und den aktuelle Stand der politischen Forderungen zu verfolgen und die Lage der Schweiz im Bezug auf ihre Asyl- und Migrationspolitik zu verfolgen.
Aktivist*innen der JUSO und der SEEBRÜCKE Schweiz mit Kantonsrätin Sara Muff