Hunderttausende Menschen sind seit Kriegsbeginn bereits aus der Ukraine geflohen, Millionen dürften es werden. Wir verurteilen das Vorgehen des Putin-Regimes, lehnen aber genauso die NATO als dessen Gegenspieler ab. Unsere Solidarität gilt der Zivilbevölkerung und keinen Nationalstaaten oder Militärbündnissen. Denn militärische Aufrüstung schafft keinen Frieden. Viele europäische Staaten haben ihre Grenzen für ukrainische Staatsbürger*innen geöffnet. Die EU hat die «Massenzustrom-Richtlinie» in Kraft gesetzt. Und der Schweizer Bundesrat schlägt vor, den Schutzstatus S für ukrainische Staatsangehörige zu aktivieren. Mit diesem unbürokratischen Vorgehen müssen die geflüchteten Menschen nicht das übliche Asylverfahren durchlaufen. Sie können privat untergebracht werden und erhalten unkompliziert Unterstützung. Auch sollen sie möglichst schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden, ohne die üblichen Hürden überwinden zu müssen.
Die Solidarität der offiziellen Schweiz ist aber eine nationalistische „Solidarität“. Denn die Regierenden in der Schweiz verzichten darauf, diesen Schutzstatus auch für Kriegsflüchtlinge aus anderen Kriegsregionen der Welt einzuführen. Für diese gilt es weiterhin, ein entwürdigendes und entrechtendes Asylverfahren zu durchlaufen, stundenlange Befragungen auszuhalten und in brutalen Bundesasylcamps isoliert zu werden. Und parallel zum Vorschlag der Aktivierung des Schutzstatus S hat der Bundesrat die Pro-Frontex-Kampagne gestartet. Unter Federführung von Justizministerin Karin Keller-Sutter macht sich der Bundesrat für den Ausbau der europäischen Grenzagentur Frontex stark, welche von der Schweiz mitfinanziert wird. Gegen eine Erhöhung der Beiträge in den nächsten Jahren wurde das Referendum ergriffen, über welches die Schweizer Stimmbevölkerung am 15. Mai abstimmen wird. Frontex steht für eine Militarisierung der europäischen Aussengrenzen, illegale Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen am laufenden Band.
Die Ungleichbehandlung von Migrant*innen muss ein Ende haben! Kolonialismus, Globalisierung und Neo-Liberalisierung haben Machtstrukturen geschaffen, welche die ganze Welt umspannen. Eine Migrationspolitik, welche die Grenze des Schengenraumes als Trennlinie zwischen «hier» und «dort» betrachtet, ist unter keinen Umständen tragbar. Es darf nicht sein, dass die Bewegungsfreiheit der Einen durch das Verhindern der Bewegungsfreiheit der Anderen ermöglicht wird. Ob auf Schweizer Banken Geld russischer Oligarchen liegt oder die offizielle Schweiz durch ihre allgemeine Wirtschafts-, Umwelt- und Finanzpolitik die Klimakrise mit verschärft und so Menschen in Subsahara-Afrika in die Flucht treibt, darf im Umgang mit geflüchteten Menschen keine Rolle spielen. Wenn die europäischen Staaten aktuell von «humanistischer Tradition» und «europäischen Werten» sprechen, sollten wir neben aller Solidarität und Hilfe für die Menschen in der Ukraine nicht vergessen, wie die europäischen Staaten diese Werte im Rest der Welt mit Füssen treten. Wir fordern eine Entmilitarisierung des Grenzregimes und Bewegungsfreiheit für alle Menschen. Gegen die diskriminierende und rassistische Migrationspolitik.
Besammlung 18.03.22 18.30 Uhr I Schwanenplatz, Luzern I bewilligt, tragt Maske